Kosten für Kleidung zur Ausübung einer Halbtagstätigkeit einer Bezieherin von ALG II sind nur abzugfähig, wenn es sich um typische Berufskleidung handelt

Bundessozialgericht, Urteil vom 19.06.2012
Az.: B 4 AS 163/11 R

Zum Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Arbeitslosengeldes II der Klägerin. Die Klägerin bezieht für sich und ihren Sohn zusätzlich zu ihrer Halbtagstätigkeit als Sekretärin bei einer Versicherung Leistungen nach dem SGB II. Bei der Berechnung der Höhe der Leistungen nach dem SGB II hatte das zuständige Jobcenter (die Beklagte) Aufwendungen für Businesskleidung und Friseurbesuche nicht als Abzugsposten vom zu berücksichtigenden Einkommen angesehen. Ein dagegen eingelegter Widerspruch blieb ebenso erfolglos wie die Verfahren in den Vorinstanzen, weswegen die Klägerin gegen die Entscheidung des Landessozialgerichtes Hessen Revision einlegte.

Begründung:
Das Bundessozialgericht schloss sich der Auffassung des Landessozialgerichtes Hessen an.
Das Gericht knüpfte bei der Beurteilung des Falles an die steuerrechtliche Sichtweise der Vorinstanz an, nach welcher Aufwendungen für Busineskleidung und Schuhe ebenso wie ein Friseurbesuch nicht als Werbungskosten im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG zu betrachten sind. Solche Ausgaben gehören nämlich nicht zu den typischerweise notwendigen Ausgaben zur Erzielung eines Einkommens, wobei in diesem Sinne insbesondere zwischen typischer Berufskleidung und bürgerlicher Kleidung zu unterscheiden ist. Als typische Berufskleidung gilt nur Kleidung, die ihrer Beschaffenheit nach fast ausschließlich für die Tätigkeit im Beruf bestimmt und wegen der Eigenart des Berufes auch notwendig ist.
Eine ähnliche Abgrenzung sieht auch das Recht der Grundsicherung vor, da auch darin gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II bürgerliche Bekleidung selbst bei Tragen bestimmter  Kleidungsstücke aufgrund der Anweisung des Arbeitgebers nicht zu einer zur Ausübung des Berufes notwendigen Bekleidung wird.
Die von der Klägerin vorgetragenen Friseurbesuche und die Businesskleidung waren demnach gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II nicht absatzfähig, da bei der Businesskleidung eine nicht nur ausnahmsweise private Nutzung kaum ausgeschlossen werden konnte und auch die Friseurbesuche nicht nur einem ausschließlich beruflichem, sondern auch einem privaten Nutzen zugerechnet werden konnten.