Aufgabe des Arbeitsplatzes wegen Mobbings muss nicht zu Sanktionen bei Hartz IV-Empfängern führen

Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.06.2012
Az.: L 3 AS 159/12

Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II (Hartz-IV).
Die Klägerin stellte im Mai 2010 für sich und ihre 1991 geborene Tochter einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Dieser Antrag wurde der Klägerin zunächst bewilligt, später wurden jedoch die drei Monate lang gezahlten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende zurückgefordert, da die Klägerin selbst ihre Arbeitsstelle gekündigt hatte und deshalb auch selbstverschuldet eine 12-wöchige Sperrzeit in der sie kein Arbeitslosengeld erhielt, herbeigeführt habe. Die Beklagte, die Bundesagentur für Arbeit, argumentierte, dass die Klägerin ihre Hilfsbedürftigkeit aufgrund der Kündigung selbst herbeigeführt habe und ihr daher auch keine Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II zustehen würden. Die Klägerin gab dagegen an, dass sie aufgrund von Mobbing ihren Arbeitsplatz aufgegeben habe, da selbst die Umsetzung in eine andere Abteilung keine Abhilfe gegen das Mobbing geschaffen hatte. Auch ein Widerspruch der Klägerin und eine Klage vor dem Sozialgericht gegen die Entscheidung der Beklagten brachte keine Abhilfe, weswegen die Klägerin Berufung einlegte.

Das Gericht hat den Bescheid der Beklagten in Form des Widerspruchsbescheides aufgehoben und damit der Klägerin Recht gegeben.
Das Gericht entschied hier, dass die Anforderungen, die an eine Arbeitsaufgabe aus wichtigem Grund zu stellen sind, im Bereich der Arbeitslosenversicherung anders und strenger zu bewerten seien als im Bereich der Leistungen nach dem SGB II, da diese im Gegensatz zur Arbeitslosenversicherung nicht durch die Gemeinschaft der Arbeitnehmer sondern durch Steuern finanziert sei.
Ein wichtiger Grund sei in diesem Fall daher anzunehmen, wenn dem Hilfebedürftigen vernünftige und aus der Sicht eines objektiven Dritten auch nachvollziehbare Erwägungen zu dem konkreten Verhalten bewogen haben. Die Klägerin konnte die psychischen Belastungen durch das Mobbing zwar nicht ärztlich belegen, allerdings ergab sich für das Gericht durch die Aussagen der Klägerin, dass diese nachvollziehbar durch das Verhalten ihrer Kollegen zur Aufgabe des Arbeitsplatzes veranlasst worden sei, weshalb das Gericht das Vorliegen eines wichtigen Grundes bejahte und die Zahlungen der Beklagten nach dem SGB II als gerechtfertigt ansah.