Ein getrenntlebender Elternteil hat einen Anspruch auf Gewährung von zusätzlichen Leistungen für Kinder während der Besuchstage, sofern diese sich bei ihm an diesem Tag länger aufhalten als bei dem anderen Elternteil

Urteil des Sozialgerichtes Mainz vom 05.04.2012
Az.: S 3 AS 312/11

Zum Sachverhalt:
Die Kläger sind zwei Kinder im Kindergarten- bzw. im Schulalter sowie deren Eltern. Beide Elternteile erhalten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II und sind voneinander geschieden. Die Kinder leben bei ihrem Vater, halten sich aber wechselnd von Donnerstag bis Freitag bzw. Freitag bis Sonntag bei ihrer Mutter auf und verbringen auch die Hälfte der Schulferien bei dieser. Der Kindesvater erhält zudem Unterhaltsvorschuss und Kindergeld, eine anteilige Weiterleitung dieser Gelder an die Kindesmutter, für die Zeit zu der sich die Kinder bei ihr aufhalten, lehnte er ab. Die Kindesmutter stellte beim Jobcenter, der Beklagten, einen Antrag auf Gewährung zusätzlicher Leistungen, da sie aus ihren eigenen Grundsicherungsleistungen die Kinder an den Besuchstagen nicht versorgen konnte und außerdem eine temporäre Bedarfsgemeinschaft zwischen ihr und den Kindern entstehen würde. Der Antrag wurde von der Beklagten abgelehnt, auch ein Widerspruch führte nicht zum Erfolg. Dies begründete die Beklagte damit, dass die Kinder durch den Unterhaltsvorschuss und das Kindergeld über eigenes Einkommen verfügen würden, womit sie ihren Lebensunterhalt bei der Mutter bestreiten könnten.

Begründung:
Das Gericht hat der Klage stattgegeben. Es stellte während der Besuchstage eine temporäre Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3c und Nr. 4 SGB II zwischen der Kindesmutter und den beiden Kindern fest, weswegen das Einkommen der Mutter auf alle hilfebedürftigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verteilt werden muss und somit weiterer Bedarf entsteht, der von den bisher gezahlten Leistungen der Beklagten nicht abgedeckt wird. Eine solche Bedarfsgemeinschaft besteht dabei an jedem Kalendertag, an dem sich die Kinder überwiegend bei der Mutter und nicht beim Vater aufhalten. Dies gilt auch, wenn die Kinder sich den Rest des Tages in Schule oder Kindergarten befinden, da es letztlich nur darauf ankommt bei welchem Elternteil mehr Zeit verbracht wird. Das Gericht entschied zudem, dass weder das Kindergeld noch der Unterhaltsvorschuss als Kindeseinkommen zu betrachten sind. Beim Kindergeld handelt es sich um Einkommen, welches alleine dem Kindesvater zusteht. Der Unterhaltsvorschuss steht den Kindern zwar zu, da diese davon aber nicht tatsächlich ihren Lebensunterhalt bestreiten und keinen Zugriff darauf haben, stellt auch dieser kein Einkommen der Kinder dar.