Landessozialgericht Niedersachsen, Urteil vom 23.02.2012
Az.: L 9 AS 764/11
Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer Abzweigung von Leistungen nach § 48 Abs. 1 SGB I, die der Kläger nach dem SGB II erhält.
Mit Bescheid vom 06.02.2007 wurden dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 836,90 € bewilligt. In diesem Betrag ist ein befristeter Zuschlag in Höhe von 160 € enthalten. Von diesem Geld zahlte der Kläger Unterhalt in Höhe von 170 € an seinen im Jahre 1994 geborenen Sohn.
Am 01.03.2007 zeigte die Stadt an, dass sie für die im Jahre 2006 geborene Tochter des Klägers Leistungen im Rahmen des Unterhaltsvorschussgesetzes erbringen würde und beantragte daher, Leistungen im Sinne von § 48 SGB I in Höhe von 63 € an sie auszuzahlen. Diesem Antrag wurde seitens der Beklagten mittels Änderungsbescheid stattgegeben, wogegen der Kläger zunächst erfolglos Widerspruch und anschließend erfolgreich Klage beim Sozialrecht erhob. Das Sozialgericht urteilte, dass der Kläger auch unter Berücksichtigung seines Selbstbehaltes in Höhe von 770 € die restlichen 66,90 € anteilig auf die Unterhaltsansprüche beider Kinder zu zahlen habe und deswegen nur 26,16 € an die Stadt abgezweigt werden dürften. Hiergegen legte die Beklagte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ein.
Das Gericht hat die Berufung zwar zugelassen, jedoch auch entschieden, dass diese nicht begründet war. Das Gericht bestätigte daher die Rechtswidrigkeit des Änderungsbescheides, soweit mehr als 26,16 € monatlich zugunsten der Stadt abgezweigt werden würden.
Eine Abzweigung nach § 48 SGB I setzt die Verletzung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht voraus. Indem der Beklagte seiner Tochter keinen Unterhalt zahlte, hatte er seine Unterhaltspflicht gegenüber seiner Tochter verletzt. Die Höhe des Unterhaltes richtet sich dabei zugunsten der Einheitlichkeit und der Vorhersehbarkeit der Rechtsanwendung nach der sog. Düsseldorfer Tabelle. Eine Abweichung hiervon ist nur in besonderen Fällen möglich. Hier lag jedoch kein besonderer Fall vor, zudem musste auch der notwenige, das Existenzminimum sichernde Selbstbehalt des Klägers in Höhe von 770 € beachtet werden. Der Bedarf der beiden Kinder des Klägers liegt bei insgesamt 509 €. Aufgrund der Altersunterschiede der beiden Kinder und ihrer damit unterschiedlichen Bedürfnisse fallen auf den Sohn mit 310 € (60,9%) der Gesamtsumme und auf die Tochter 199 € (39,1%) der Gesamtsumme. Da der Kläger nicht den vollen Unterhalt für seine Kinder zahlen konnte, diese aber gegeneinander gleichgestellt sind, mussten demnach die 63 € über dem Selbstbehalt nach den prozentualen Summen verteilt werden, weshalb der Tochter monatlich 29,19 € zustehen.